Wolfgang Bellwinkel
ARLES, MON AMOUR
Fotografien, die rund um die Rencontres de la Photographie in den Jahren 2015-2023 entstanden sind – wenige Schritte vom historischen Stadtzentrum entfernt.
20,00 EUR
Künstlerbuch, 2023
Softcover mit Fadenheftung
Format 260 x 198 mm
Cover Design:
Sebastian Bissinger/
Bank TM
60 Seiten
ISBN 978-3-96703-100-3
Wolfgang Bellwinkels „Arles, mon Amour“ stellt den Betrachter vor ein interessantes Dilemma.
Oberflächlich betrachtet, wirkt es wie eine Liebeserklärung an die hässlichen Seiten der südfranzösischen Kulturmetropole – ironisch, provokant, selbstbewusst. Aufgenommen zu einem Zeitpunkt, an dem Fotografie in der Stadt gehört wird: Den Rencontres de la Photographie.
Eigentlich bräuchte man jetzt nur ein paar Worte über Ironie oder Doppelbödigkeit als künstlerische Waffe zu verlieren und könnte es wunderbar dabei belassen, ja – … wenn wir damit nicht genau bei dem wären, was Bellwinkel tatsächlich reizt:
Das Oberflächliche.
Bellwinkel sucht immer wieder nach neuen Möglichkeiten in der Fotografie, um das kollektive, oft vordergründige Bild-Gedächtnis, das unsere Ansicht(en) prägt, zu hinterfragen.
„Ich bin zwischen Hotel und Altstadt hin- und hergependelt – immer mit dem Gefühl, mich zwischen zwei Welten zu bewegen, …
Der Berliner ist dabei stets auf der Suche nach dem Grundlegenderen, Nicht-Gesehenen, angetrieben von Puzzlestücken einer anderen, tieferen Wahrheit, die davon erzählt, dass es nicht das eine „Einfach“ gibt, nachdem es oft aussieht. Auch wenn ihm als Fotografen dazu, praktisch gesehen, bloß die Oberfläche bleibt, deren Analyse er in immer wieder überraschenden Bildserien neu beschreibt.
Bellwinkels Buch ist also weniger ein Buch über Arles – womit wir doch wieder bei Thema „Ironie“ wären – es ist vielmehr eins über Fotografie. Was es für Fotobuch-Liebhaber zweifellos reizvoller macht.
Schon allein wegen der ausgeklügelten Bildstrategie, derer Bellwinkel sich in diesem Fall bedient: Er nutzt das vielfach beschworene, gleißende mediterrane Licht – ein Licht, das alles in Farbe übersetzt, was Gegenstand ist – und adelt damit den Müll, den vollgestopften Einkaufswagen, genauso wie die urbane „zone industrielle“ und ihre Vegetation. Architektur reduziert sich hier auf eine gesichtslose Hülle, funktional kaum anders als die zerfetzte Plastiktüte, beide nur dazu da, um ihren Job im ökonomischen Prozess möglichst effektiv zu erfüllen. Das einzig Menschliche auf das man in „Arles, mon Amour“ trifft: ein kopfloser Tonkrieger aus Chinas kaiserlichen Armee. Ein skeptisches Bild zur Globalisierung und ihren Auswüchsen, das hängen bleibt.
… einer, deren Schönheit ich nicht aushalten konnte und einer, deren Rohheit und Häßlichkeit mich abstieß, aber auch faszinierte …“
Doch und auch das ist wohl auch wieder etwas zum Thema „Ironie“ – es sah anfangs gar nicht so aus, als würde es überhaupt ein Buch über Arles geben. Denn Bellwinkels Liaison arlésienne begann mit einer Bildverweigerung, weil er in der Stadt nichts Abbildungswertes fand, bis er anfing, das Gelände rund um sein Hotel zu fotografieren.
Zum Glück, möchte man sagen. Denn herausgekommen ist ein spannendes visuelles Plädoyer wider die schleichende Amazonisierung der Städte. Bellwinkels kurzer Ausflug in die Ästhetik des Häßlichen lässt einen mit dem unbehaglichen Gefühl zurück, dass die südfranzösische Kulturmetropole vielleicht auch bald bloß noch eine Art potemkinsches Dorf ist. Und man sich insgeheim fragt sich, welches der beiden das eigentlich Echte ist: Die Instagram-polierte Postkarten-Ansicht. Oder dieses hier.
Aber auch das gehört zur Ironie dieses bemerkenswerten Buches und Bellwinkels Art der Fotografie.
Wolfgang Bellwinkels „Arles, mon Amour“ zeigt Fotografien, die rund um das Fotofestival Rencontres de la Photographie entstanden sind, nur wenige Schritte vom historischen Stadtkern entfernt.
Doch der Berliner Fotograf interessiert sich dabei weniger für Glamour und Patina der südfranzösischen Metropole als für die Auswüchse der Globalisierung. Und spürt deren Überreste im Stadtbild auf.
Bellwinkel experimentiert auch mit „Arles, mon Amour“ wieder mit den Möglichkeiten der Fotografie, um das kollektive, oft vordergründige Bild-Gedächtnis, das unsere Ansicht(en) prägt, zu hinterfragen.
Er ist dabei stets auf der Suche nach dem Grundlegenderen, Nicht-Gesehenen, und einer tieferen Wahrheit, die davon erzählt, dass es nicht das eine „Einfach“ gibt, nachdem es oft aussieht.
Bellwinkels Buch ist also weniger ein Buch über Arles – es ist vielmehr eins über Fotografie. Was es für Fotobuch-Liebhaber zweifellos interessanter macht.
Ausführlicheres dazu in der Desktop-Version.
Wolfgang Bellwinkel – Arles, mon Amour – ein ironischer Blick auf die Stadt der Rencontres de la Photographie und einer, der viel über die Globalisierung und ihre Auswüchse erzählt.
Wolfgang Bellwinkel „Arles, mon Amour“ – ein ironischer Blick auf die Stadt der Rencontres de la photographie
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